Ramadan
Arab.: Die arabische Wortwurzel „rmd“ verweist ursprünglich auf die sommerliche Hitze der Arabischen Halbinsel: „erhitzter Boden, Verbranntsein“.
Türk.: Auf Türkisch heißt es Ramazan
Heute bezeichnet das Wort „Ramadan“ den neunten Monat des islamischen Jahres, den muslimischen Fastenmonat. Das Fasten im Monat Ramadan gilt als die vierte der fünf Säulen des Islam. Für Muslime ist es ein besonders heiliger Monat, der von tiefer Religiosität geprägt ist.
Ursprung: Koran und vorislamische Zeit
Der Monat Ramadan bildet gemeinsam mit den vorangehenden Monaten Radschab und Shaaban drei besondere Monate, in denen das Fasten, das Gedenken des Schöpfers und gute Taten den Mitmenschen gegenüber von Bedeutung sind. Die Monate Radschab und Schaaban dienen besonders der Vorbereitung auf den Fastenmonat Ramadan.
So heißt es einer Überlieferung Muhammads über al-Buchari zufolge: „Radschab ist der Monat Allahs, Schaaban ist mein Monat und Ramadan ist der Monat meiner Gemeinschaft.“ Weiterhin heißt es in einem Bittgebet des Prophten:“Oh Allah, segne die Monate Radschab und Schaaban und führe uns in den Ramadan.“
Imam Abu Bakr al-Warraq sagte: „Im Monat Rajab legst du das Saatgut an, in Scha’ban gießt du es und im Ramadan erntest du den Ertrag.“
Zahlreichen Überlieferungen zufolge pflegte der Prophet im Monat Radschab und besonders im Monat Schaaban vermehrt zu fasten, da nach islamischer Überlieferung in diesem Monat die Taten der Fastenden zu Gott emporgehoben wurden. Jedoch war Ramadan der einzige Monat, den der Prophet vollständig fastete, was den Unterschied zwischen dem verpflichtenden Fasten im Ramadan und dem freiwilligen Fasten in Radschab, Schaaban und den anderen Monaten hervorhebt.
Das Fasten an sich war schon in der vorislamischen Zeit den Mekkanern bekannt und wurde bereits praktiziert. Warum wurde nun ausgerechnet der Monat Ramadan als Monat des Fastens festgelegt?
Ramadan wird auch als Monat des Quran bezeichnet, denn in diesem Monat erhielt Muhammad nach islamischer Überlieferung die erste Offenbarung in der Höhle des Bergs Hira durch den Engel Dschibril (Gabriel). Dort soll sich Muhammad in fortgeschrittenem Alter regelmäßig für mehrere Wochen zurückgezogen haben. Schließlich erhielt er der muslimischen Tradition zufolge die erste Offenbarung im Ramadan, der als einziger Monat im Quran erwähnt wird. Zentral ist Sure 2, 185:
„Der Monat Ramadan, in dem herabkam der Koran
den Menschen als Geleit
und als Beweis für das Geleit und die Entscheidung –
wer in ihm zugegen ist, soll in ihm fasten,
doch wer von euch erkrankt oder auf Reisen ist,
für den ist eine Anzahl anderer Tage möglich.
Gott will für euch das Leichte,
das Schwere will er nicht für euch.
Die Zahl sollt ihr erfüllen
und Gott dafür rühmen, dass er euch geleitet hat.
Vielleicht seid ihr ja dankbar.“ [1]
Erwähnt wird das Fasten (arab. saum oder „siyam“) auch an anderen Stellen im Koran, die an Fastentraditionen in vorislamischer Zeit erinnern. Auch der Monat Ramadan galt bereits in vorislamischer Zeit als heiliger Monat, in dem Waffenstillstand herrschen sollte. [2]
Religiöse Bedeutung des Monats Ramadan
Für Muslime ist der Monat Ramadan eine besonders segensreiche Zeit:
„Wenn Ramadan beginnt,
werden die Tore des Himmels geöffnet,
die Tore des Höllenfeuers geschlossen
und die Satane in Ketten gefesselt.“ [3]
Es ist die Zeit, in der die Hingabe zum Schöpfer im Vordergrund steht. Das Fasten mit dem Verzicht auf Nahrung und Genussmittel über mehrere Stunden, die zusätzlichen Gebete (salat at-tarawih) sowie das Rezitieren des Quran stehen in diesem Monat im Mittelpunkt – ebenso wie die Bittgebete und die guten Taten den Mitmenschen gegenüber, die nach islamischer Vorstellung in diesem Monat um ein Vielfaches erhört und belohnt werden.
Der Fastenmonat Ramadan gilt daher als ein besonders heiliger Monat und ist durch intensive Frömmigkeit geprägt. Neben dem intensiven Studium des Korans und der sorgfältigen Beachtung der Gebetszeiten wird beispielsweise auf die Unterweisung junger Muslime in die Glaubenspraxis besonderer Wert gelegt. Muslime versuchen in diesem Monat, ein besonders mitmenschliches Verhalten im alltäglichen Miteinander zu leben sowie bedürftige Mitmenschen durch Spenden und gute Taten zu unterstützen.
Wie bei der der großen Pilgerfahrt (Hadsch), führt das Fasten im Monat Ramadan, zu einem Gefühl des Zusammenhalts. So ist in vielen Regionen die Zeit des Ramadans auch eine Chance, aktuelle Konflikte beizulegen.
Das Fasten hat der Interpretation nach einen besonderen Stellenwert: denn ein/e Muslim*a fastet demnach in erster Linie für Allah. Es besteht jedoch nicht nur darin, tagsüber – von der Morgendämmerung bis zum Einsetzen des Sonnenuntergangs – auf Nahrungs- und Genussmittel zu verzichten. Vielmehr soll das Fasten dazu dienen, Körper und Seele zu reinigen, sich von Streitereien und schlechtem Gerede fernzuhalten und seinen Mitmenschen Gutes zu tun und zu spenden. Denn das Fasten wird nach mehrheitlicher Auffassung nur angenommen, wenn auch das Herz und die Zunge fasten, es also eine Art Reinigungsprozess im Inneren auslöst.
Einer weiteren Überlieferung zufolge wird der Mensch für sein Fasten zweimal belohnt: Einmal im Diesseits, indem er sein Fasten zum Sonnenuntergang brechen darf und ein weiteres Mal im Jenseits, indem er von Gott belohnt und seine Sünden ihm vergeben werden:
„Jede gute Tat des Menschen wird zehn- bis siebenhundertmal vervielfacht. Allah, der Erhabene sprach: ‚Mit Ausnahme des Fastens. Denn es geschieht um meinetwillen. Ich belohne den Fastenden dafür, dass er auf Begierden und Essen um Meinetwillen verzichtet.‘ Der Fastende wird sich zweimal freuen können: Zum einen beim Fastenbrechen und zum anderen bei der Begegnung mit seinem Herrn […].“ (Buchari, Muslim)
Der Aspekt der Vergebung durch Gott, der im Islam grundsätzlich eine große Rolle spielt, gewinnt im Ramadan noch mehr an Bedeutung: Mit der Annahme des Fastens vergibt Gott dem Menschen seine Sünden. In diesem Zusammenhang wird der Fastenmonat Ramadan mehreren Überlieferungen zufolge in drei Phasen (à zehn Tage) unterteilt: Die erste Phase Gnade (rahma), die zweite Phase ist Vergebung (maghfira) und die dritte Phase ist die Bewahrung vor der Strafe (durch das Feuer im Jenseits).
In die letzten zehn Tage von Ramadan fällt auch die Nacht der Bestimmung (lailatul-qadr), deren Bedeutung in Sure 97 (al-Qadr) des Quran beschrieben wird:
Wahrlich, Wir haben ihn (den Qur’an) herabgesandt in der Nacht von Al-Qadr.
Und was lehrt dich wissen, was die Nacht von Al-Qadr ist?
Die Nacht von Al-Qadr ist besser als tausend Monate.
In ihr steigen die Engel und Gabriel herab mit der Erlaubnis ihres Herrn zu jeglichem Geheiß.
Frieden ist sie bis zum Anbruch der Morgenröte.
Der Großteil der muslimischen Gelehrten vermutet, dass diese Nacht auf die 27. Nacht von Ramadan fällt, es könnte aber auch jede andere ungerade Nacht im letzten Drittel des Monats sein.
Der Prophet verbrachte die letzten zehn Tage von Ramadan in völligem Rückzug (i´tikaf) in der Moschee. Viele Muslim*innen sehen diese Praxis als Sunna und verbringen das letzte Drittel des Monats in der Moschee, sofern es die familiären und beruflichen Umstände erlauben.
Wie bei der der großen Pilgerfahrt (Hadsch), führt das Fasten im Monat Ramadan, zu einem Gefühl des Zusammenhalts. So ist in vielen Regionen die Zeit des Ramadans auch eine Chance, aktuelle Konflikte beizulegen.
Auch das öffentliche Leben ist in mehrheitlich muslimischen Ländern auf die religiösen Ziele und die körperlichen Belastungen im Monat Ramadan ausgerichtet. Firmen, Behörden und öffentliche Institutionen haben verkürzte Öffnungs- und Arbeitszeiten. Manche Geschäfte sind tagsüber ganz geschlossen. Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen senden verstärkt Programme mit religiösen Themen. In zahlreichen Moscheen finden Koranrezitationen und Vorträge statt. Während der Tag zum Ruhen und zur religiösen Besinnung genutzt wird, sind die Nächte häufig sehr lebhaft. Man bricht gemeinsam mit Freunden das Fasten, geht zum Gebet und feiert. [4]
Regeln und Riten im Monat Ramadan
Zahlreiche Bestimmungen ordnen den zeitlichen Ablauf, sowie das korrekte religiöse Fasten und Verhalten im Monat Ramadan.
So ist eine umfangreiche Literatur um die Bestimmung des Beginns und des Endes des Monats Ramadan und dem Anfang und Ende des jeweiligen Fastentages entstanden. Die exakte Bestimmung von Gebetszeiten, Monaten und Festtagen hat seit der Entstehung des Islam insbesondere die Wissenschaften Mathematik, Astronomie und Geografie in der islamischen Welt vorangetrieben.
Muslime erleben zudem über die Jahre ein besonderes Phänomen. Alle muslimischen Festtage, einschließlich von Ramadan oder der Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch) liegen einmal im Sommer und dann wieder im Winter. Woran liegt dies? Sonnenkalendersysteme wie der in Deutschland gültige Kalender, sind nach dem Verlauf der Sonne ausgerichtet sind. Die Monate liegen fest im Verhältnis zu den Jahreszeiten und ein Sonnenjahr dauert etwa 365 Tage. Da der islamische Kalender jedoch nach dem Mond ausgerichtet ist, dauert das islamische Jahr nur 354 Tage und 8 Stunden. Das islamische Jahr ist um etwa 10-11 Tage kürzer als das Sonnenjahr, mit seinem an die Länge der Jahreszeiten angepassten Verlauf. Im Verhältnis zum Sonnenkalender, verschieben sich die Termine islamischer Festtage und Monate daher um ca. 10-11 Tage.
Der Monat Ramadan beginnt deswegen mit der Morgendämmerung nach dem Erscheinen des Neumondes. An verschiedenen religiösen Zentren der islamischen Welt berechnen Gelehrte jeweils den Beginn und das Ende des Ramadans. Entsprechend der geografischen Position kann daher der Beginn und das Ende des Ramadans leicht abweichen.
Ablauf an Tagen des Ramadan
Das Fasten beginnt zu Beginn der Morgendämmerung und endet zum Sonnenuntergang. Vor der Morgendämmerung nehmen Fastende noch ein kurzes Mahl ein. Der Prophet betonte oft die Wichtigkeit und den Segen in dieser Mahlzeit. Zudem verkünden Fastende mit einer Absichtserklärung (arab. niya) ihr Fasten. In Moscheen oder im Internet gibt es für Muslim*innen eine Art Kalender, in dem die Zeiten von Fastenbeginn und Fastenbrechen täglich festgelegt sind.
Der Aspekt der Gemeinschaft spielt im Ramadan ebenfalls eine wichtige Rolle. Es gehört zur allgemeinen Praxis, dass das Fastenbrechen in der Gemeinschaft stattfindet – entweder zu Hause mit Familie und Freunden oder in der Moschee. Gemäß der Sunna des Propheten wird das Fasten mit Datteln und Wasser gebrochen. Nach dem Maghrib-Gebet wird schließlich gemeinsam gegessen. Nach dem Nachtgebet (salat-ul-ishaa) kann zusätzlich Zuhause oder in der Moschee das Tarawih-Gebet verrichtet werden – ein freiwilliges Gebet im Ramadan. Viele nutzen dieses Gebet, um jeden Tag einen der 30 Teile des Koran zu rezitieren und somit im Ramadan den gesamten Quran einmal vorgetragen zu haben. Es kann aber auch, je nach Zeit und körperlichem Zustand, eine kleine Sure vorgetragen werden.
Für viele Muslim*innen war das Fasten durch den pandemiebedingten Lockdown eine Herausforderung, da viele nicht in dem Ausmaß den Aspekt der Gemeinschaft genießen konnten, wie sie es bisher gewohnt waren, besonders für Alleinstehende.
Wer fastet an Ramadan?
Das Fasten im Ramadan ist die dritte der fünf Säulen im Ramadan und somit für Muslim*innen verpflichtend. Dennoch gibt es Ausnahmen. Somit ist das Fasten erst zu Beginn der Pubertät verpflichtend. Kinder sind somit vom Fasten ausgenommen.
Auch Schwangere und stillende Frauen sind vom Fasten befreit. Während ihrer Periode dürfen Frauen nicht fasten, die versäumten Tage werden in der Regel nachgeholt. Alle Muslim*innen, die entsprechend ihres körperlichen Zustandes oder krankheitsbedingt Schaden durch das Fasten erleiden könnten, dürfen ebenfalls nicht fasten. Versäumte Fastentage sollten jedoch nachgeholt werden, sobald man dies kann oder die Gründe aufgehoben sind. Auch durch zusätzliche Spenden kann man versäumte Tage wieder gut machen. Für muslimische Reisende und Berufe, die Schwerstarbeiten ausführen, gelten ebenfalls Ausnahmeregelungen.
Wichtige Tage während des Fastenmonats Ramadan
Im Fastenmonat Ramadan erinnern sich viele Muslime an besonders wichtige Ereignisse und Personen der islamischen Geschichte. Im laufenden Jahr:
- 1. Ramadan: Beginn des Ramadan
- 10. Ramadan: Khadidscha (gest. 619)
- 17. Ramadan: Schlacht von Badr (624), Wendepunkt im Kampf zwischen Muhammad und seinen Gegnern.
- 19. Ramadan: Einnahme von Mekka (630)
- 21. Ramadan: Martyrium von Ali b. Abu Talib (gest. 661)
- 21. Ramadan: Martyrium von Imam Ali ar-Rida (gest. 818) 8. Imam
- 22. Ramadan: Geburtstag von Ali b. Abu Talib (600-661)
- 27. Ramadan: Laylat al-Qadr, Nacht der Offenbarung des Korans
- Ende des Ramadan: Id al-Fitr, das kleine Fest, Fest des Fastenbrechens
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Quellen:
[1] Übersetzung: Hartmut Bobzin. Der Koran, Sure 2; 185
[2] EI2, VIII, 417b, Artikel „Ramadan“. Yves Thoraval. Lexikon der islamischen Kultur. Hamburg 2005, Artikel „Ramadan“, S. 289.
[3] Sahih al-Bukhari, 12. verbesserte Auflage, Islamische Bibliothek, Düsseldorf 2012: S. 254 Hadith Nr. 1896, nach Abu Huraira
[4] Khoury/Hagemann/Heine: Islam-Lexikon. Freiburg u.a. 1991, Artikel „Fasten“.