Scharia

Arab.: „Weg zur Wasserstelle, gebahnter Weg, richtiger Weg“, auch im Sinne von göttlicher Rechtleitung

Im engeren Sinne wird Scharia als islamische Gesetzgebung verstanden. Darunter fallen: Ehe-, Scheidungs-, Straf- und Erbrecht.

Die dort verzeichneten Regelungen sind heute scharfer Kritik ausgesetzt, da sie, so wird manchmal argumentiert, den Grund- und Menschenrechten widersprechen. Vor allem die Körperstrafen (hadd), wie sie in Saudi-Arabien und Iran noch vollzogen werden, werden scharf kritisiert.

Die Scharia ist zunächst kein Gesetzestext, noch weniger ein bestimmtes Staatsmodell. Vielmehr ist sie eine Rechtstradition, die je nach Kultur und Region im Laufe der Geschichte unterschiedlich implementiert wurde. Ihr liegen vier Quellen zugrunde. Zwei von ihnen werden von Muslimen als göttliche Offenbarung gesehen: Der Koran und die Praxis des Propheten (Sunna). Die Sunna ist also oft die Linse, durch die der Koran gelesen und erläutert wird. Die zwei anderen Quellen sind Produkte menschlicher Bemühung: Der Konsens (Idschma) der ersten muslimischen Generation im Praktizieren des Koran und der Sunna, und schließlich der Analogieschluss (Qiyas) bzw. die Erweiterung der Scharia auf neue Lebensumstände, die in den Grundlagentexten des Koran und der Sunna nicht zu finden sind. Diese menschliche Bemühung – also die Wissenschaft, die sich mit der Scharia beschäftigt – wird auch als fiqh (islamische Rechtswissenschaft) bezeichnet. Die muslimische Rechtstradition versucht die Frage in jeder Situation zu beantworten: „Wie beurteilt / bewertet Gott diese menschliche Haltung?“. Ein Standardwerk des fiqh umfasst daher größtenteils Lebensbereiche wie die rituellen Verpflichtungen (das Gebet, das Fasten, die Pilgerfahrt nach Mekka etc.) und ihre Ausübung oder auch Prinzipien zu zwischenmenschlichen Beziehungen (muamalat).

Die Scharia als Orientierungshilfe

Scharia bezeichnet jedoch für die meisten Muslime eher eine allgemeine Orientierung für ihren Glauben (Iman) und ihre Glaubenspraxis (manhaj), nach der sie ihren Alltag ausrichten. Sie basieren auf den Glaubensinhalten (aqida) und den fünf Säulen des Islam.

Für die meisten Muslime, auch in Deutschland, geschieht die Auslegung der Scharia unter einem historischen und kulturellen Einfluss. Körperstrafen werden von ihnen daher heute abgelehnt.

Die islamistische Szene sieht die Scharia dagegen viel enger als ein islamisches Gesetzbuch, das als einzige ausschließliche Grundlage der Rechtsprechung neben dem Koran gültig sein sollte.

Scharia im Überblick

  • Scharia bedeutet: „Weg zur Wasserstelle“ oder „richtiger Weg“ bzw. göttliche Rechtleitung.
  • Scharia bezeichnet die islamische Gesetzgebung, die vor allem das Ehe-, Scheidungs-, Straf- und Erbrecht betrifft.
  • Die Texte entstammen einer Lebenswirklichkeit vor mehreren hundert Jahren, so dass sie heute scharf kritisiert werden.
  • Viele Muslime sehen in der Scharia heute eher eine Quelle für Prinzipien und allgemeiner Orientierungen.
  • Salafisten und Wahhabiten nehmen jedoch die Scharia wortwörtlich und sehen sie als einzige umfassende Rechtsquelle.

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