Hidschra

arab.: هجرة türk.: Hicret

Hidschra ist ein wichtiger Begriff, der heutzutage vor allem mit dem islamischen Kalender verbunden wird. Das Wort selbst stammt von den Verbformen „hadschara“ (sich von jemandem distanzieren/meiden) und „hādschara“ (auswandern/emigrieren) – im Arabischen sind solche Informationen deshalb so wichtig, da dies dabei hilft, das Wort besser verstehen zu können.

Zu Lebzeiten des Propheten Muhammad gab es zwei „Auszüge“, „Migrationen“ (auf arabisch auch „Hidschratayn“) von Muslim*innen aus Mekka heraus in andere Gebiete. Zum einen war dort die manchmal etwas weniger bekannte Auswanderung (kleine Hidschra) in ein afrikanisch-christliches Königreich (mehr dazu siehe unten) und die (große Hidschra), die gleichzeitig den Beginn der islamischen Zeitrechnung markiert.

Die Hidschra von Mekka nach Medina

Nachdem es immer offensichtlicher wurde, dass die Mekkaner*innen Muhammad und die Muslim*innen nicht in Frieden ihre Religion ausüben lassen, schickte der Prophet die Menschen in eine mehrere hundert Kilometer entfernte Stadt namens Yathrib – heute bekannt als Medina.

Diese Auswanderung der Muslim*innen aufgrund ihrer Verfolgung stellte insgesamt eines der wichtigsten Ereignisse der früh-islamischen Geschichte dar. In Medina gab es einige Muslime*innen (genannt Ansār „Unterstützter“) und Muhammad beschloss, dass die junge Gemeinschaft dort besser und sicherer leben kann.

Abu Bakr, Ali und die Hidschra-Lesarten

Zur Hidschra selbst gibt es viele unterschiedliche Quellen und Erzählungen, so in der Sira des Propheten, den Hadithen aber auch im Quran. Nach sunnitischem Verständnis spielte während der Auswanderung Muhammads vor allem Abu Bakr als Weggefährte und Helfer eine wichtige Rolle.

Während nach schiitischer Lesart ganz besonders Ali dabei half den Propheten sicher aus der Verfolgung nach Medina zu bringen – beide wurden nach Muhammads Tod zu Kalifen und zählen damit zu den Raschidun. In Medina lebten ab der Hidschra Muslim*innen zweier unterschiedlicher Bezeichnungen: die Ansār (Unterstützer), die aus Medina selbst kamen und diejenigen unterstützten, die ausgewandert sind, die die Hidschra unternommen haben (die Muhādschirun).

Muhādschirun und Muhādschirāt

Menschen die die Hidschra machen oder gemacht haben, werden als Muhādschirun/Muhadschirāt bezeichnet. Die ersten Muslim*innen, die der Prophet Muhammad dazu bewegte, nach Abessinien (heutiges Äthiopien, Eritrea und Teile Sudans) auszuwandern, um der religiösen und politischen Verfolgung durch die Mekkaner*innen – oder genauer: die Quraisch – zu entkommen, werden als die ersten Muhādschirun (al-auwallun) bezeichnet. Muslim*innen also, die aufgrund ihres Glaubens angefeindet, bedroht und angegriffen wurden und in ein fremdes Gebiet ausgewandert (oder auch migriert) sind.

All diejenigen, die im Jahre Null nach Medina ausgewandert sind, sind in den Quellen jedoch hauptsächlich gemeint, wenn es um das Thema „Hidschra“ geht. Dort leben die „Ausgewanderten“ mit den lokalen „Unterstützern“ zusammen oder zogen selbst im Laufe der Geschichte in andere Gebiete.

Hidschra nach 1443

In den 1443 Jahren nach der großen Hidschra zogen viele muslimische Menschen aus unterschiedlichen Ländern und unterschiedlichen Gründen in andere Gebiete. In der Türkei z.B. gibt es heute noch viele Menschen, die aus dem Kaukasus stammen. So leben vor allem Tscherkessen*innen, Osseten*innen oder auch Dagestaner*innen überall verteilt und bezeichnen sich selbst als „Muhacirler“, da sie im 19. Jahrhundert vor der kolonialen Expansion des russischen Reiches ins osmanische Reiche „auswanderten“ – also eine Hidschra unternehmen mussten.

Hidschra im 21. Jahrhundert

Bei unterschiedlichen muslimischen Bewegungen, wie zum Beispiel dem Salafismus spielt der Begriff eine begrenzte Rolle. Es gab immer wieder kleinere Gemeinden, die mit einigen Mitstreiter*innen eine Auswanderung als „Hidschra“ bezeichnet haben. Ebenso gab es Terroristen*innen, die mehrheitlich zum sogenannten Islamischen Staat gegangen sind, die sich selber als Muhādschirun bezeichnet haben, da sie sich dem „Kufr“ demokratischer Gesellschaften entziehen wollten. Dies stellt jedoch nur eine kleine Ausnahmeerscheinung dar.

Außerdem ist der Begriff mittlerweile säkularisiert und offizielle Stellen heißen beispielsweise „Maktab al-iqlimi lil-Hidschra“ (Landesamt für Einwanderung) oder auch „al-Maktab al-itihāda lil-Hidschra wa-l-ladschiīn“, was auf deutsch „BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ bedeutet.

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