Umweltbewusst im Ramadan: Eine Betrachtung aus theologischer Perspektive

Plastikfasten und „islamkonforme“ ökologische Mode: Auch unter Muslim*innen geht der Trend immer mehr zu einer bewussten, umweltschonenden Lebensweise. Welche Rolle kann Nachhaltigkeit im Ramadan spielen?

Im Ramadan entsteht während der Iftar-Feiern mitunter viel Müll, es werden Tiere aus Massenhaltungsbetrieben verzehrt und auch bei der Gebetswaschung kann noch einiges getan werden, um Wasser zu sparen – zumindest, wenn es nach Dr. Sara Binay von der Humblot Universität Berlin und Dr. Ahmed Abd-Elsalam vom Zentrum für Islamische Theologie in Münster geht. Binay und Abd-Elsalam haben sich im Vorfeld des Ramadans Gedanken über Verschwendung und Umwelt im Ramadan gemacht und diese für Islam-ist zusammengefasst.

Binay: „Machen wir uns besonders im Ramadan bewusst, wie kostbar das Wasser ist“

Dr. Sara Binay ist Referentin der islamischen Theologie am Institut für Islamische Theologie in Berlin und hat zuletzt den Sammelband „Islamische Umwelttheologie“ herausgebracht. Einige ihrer Erkenntnisse hat sie im Folgenden für uns zusammengefasst – und gibt darüber hinaus noch Tipps wie ihr diesen Ramadan ganz ohne schlechtes Gewissen fasten und vor allem das Fasten brechen könnt:

„Der folgende Koranvers (angelehnt an die Übersetzung von Max Henning) inspiriert mich sehr:

‚Und er ist‘s, der da hinabsendet vom Himmel Wasser, und wir bringen daraus die Keime aller Dinge hervor; und aus ihnen bringen wir [wiederum] Grünes hervor, aus dem wir dichtgeschichtetes Korn [wachsen lassen], und aus den Palmen, aus ihrer Blütenscheide niederhängende Fruchtbüschel; und Gärten von Reben und Oliven und Granatäpfel, einander ähnlich und unähnlich. Schaut nach ihrer Frucht, wenn sie sich bildet und reift. Siehe, hierin sind wahrlich Zeichen für gläubige Leute.‘ (Koran 6:99)

Der Vers beschreibt sehr poetisch, wie mit Hilfe des Wassers die Schöpfung aufblüht und alles hervorbringt, was wir Menschen brauchen. Der Vers verweist auf die wunderbar gemachte Natur. Ihr Gedeihen verdankt sie dem Wasser, daher sind die Gläubigen dazu aufgerufen, auch das Wasser zu bewahren, es nicht zu verschwenden und es nicht zu verschmutzen.

‚Wir haben aus dem Wasser alles Lebende geschaffen.‘ (Koran 21:30)

Machen wir uns besonders im Ramadan bewusst, wie kostbar das Wasser ist, aus dem wir alle geschaffen sind. Bewahren wir es deshalb, weil es den Ursprung der Schöpfung darstellt. Kein Wesen kann ohne Wasser überleben. Verschwende kein Wasser und ‚… selbst wenn du an einem fließenden Gewässer stündest‘. (Hadith nach Ibn Mağğa)

Lese-Tipp: FAQs zum Ramadan

Überprüfe, wie viel Wasser du bei der Waschung verwendest. Der Prophet ruft dazu auf, selbst bei der Waschung auf Verschwendung zu verzichten. Der Prophet vollzog die Waschung vor dem Gebet mit dem Wasser im Maß eines mudd (ca. 0,7 Liter). Schaffst du das auch? Die Ganzkörperwaschung vollzog der Prophet mit der Menge von Wasser, die als sa‘ bezeichnet wird. Das sind ca. 2,75 Liter. Schließe beim Duschen den Wasserhahn und verschwende kein kostbares Wasser.“

‚… esst und trinkt, aber seid nicht maßlos.‘ (Koran 7:31)

Bedenke besonders im Ramadan, wie viel eingekauft werden soll, damit es für alle reicht, ohne dass Lebensmittel weggeworfen werden müssen. Schau auch auf die anfallenden Verpackungen. Versuche Müll im Übermaß zu vermeiden. Nimm eine Tasche mit, wenn du einkaufen gehst.“

Abd-Elsalam: „Fasten ist eine Lehre der Empathie“

Dr. Ahmed Abd-Elsalam lehrt am Zentrum für Islamische Theologie in Münster und beschäftigt sich vor allem mit den Schwerpunkten Islamische Normenlehre, Islamische Geschichte und Rechtswirklichkeiten und Transformationen in muslimischen Kontexten. Neben seiner Lehrtätigkeit beschäftigt er sich allerdings auch mit Umwelt, deren Verschmutzung und den damit verbundenen Herausforderungen und Aufgaben. Sein folgendes Statement fasst seine Gedanken zum Ramadan zusammen:

„Auch im Ramadan und gerade beim Fasten gilt, dass die Unversehrtheit menschlichen Lebens den höchsten Rang in den Maximen der Scharia hat. Beim Fasten verzichten wir auf das, was eigentlich halal ist, um zu lernen im Alltag mit weniger glücklich zu sein. Denn der Mensch ist für das Gleichgewicht des Universums verantwortlich.

Fasten heißt nicht nur Nichts zu essen oder zu trinken. Fasten ist die Zeit der Besinnung und Neu-Orientierung. Es ist eine Zeit zu erfahren, was für mein Leben, dein Leben, das Leben wesentlich und elementar ist. Auf alles andere kann ich, kannst du, kann der Mensch verzichten.

Dazu gehört die Massentierhaltung und -schlachtung, sowie der Konsum dessen. Fasten ist eine Lehre der Empathie. Wir sollen erfahren, wie es den Armen geht, die weder genug zu Trinken, noch zu Essen haben. Allerdings ist die Verteilung von Almosen nicht ausreichend. Die Almosen müssen in nachhaltigen Projekten investiert werden, damit kein Mensch mehr aus Mangel an Essen und Wasser stirbt. Im Ramadan lesen wir gerne den Koran. Das ist sicher schön. Auch schön ist dem Koran zuzuhören, denn Allah spricht. Allah spricht nicht nur im Koran; Zeichen Gottes sind überall in unserer Umwelt und wir müssen davon lernen und sie nicht sie vernichten.

Ramadan kann mehr werden, als nur auf Essen und Trinken zu verzichten. Ramadan kann ein neuer Anfang werden, in dem Sie sich für diesen Planeten und Ihre Umwelt mehr engagieren. Beginnen Sie mit sich selbst, verzichten Sie auf Umweltschädigendes.“

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