Osmanisches Reich

Das Osmanische Reich war bis zur offiziellen Abschaffung im Jahr 1922/1923 eines der am längsten existierenden Reiche der Neuzeit, es bestand über 600 Jahre ununterbrochen. Nach den Umayyaden und den Abbasiden war es das dritte und letzte sunnitische Großreich, dessen Gebiet sich auf drei Kontinente erstreckte.

Während seiner größten Ausdehnung erstreckte sich der osmanische Machtbereich vom Atlasgebirge in Marokko über Ägypten und Nubien, der Levante, dem Hidschāz (westlicher Teil der arabischen Halbinsel mit Mekka und Medina), den Irak, Teile des Kaukasus, fast alle Territorien am Schwarzen Meer (inklusive Bessarabien), Anatolien und Kleinasien und den gesamten Balkan (inklusive Griechenland).

Der Untergang des Byzantinischen Reiches

Allgemein gilt das Jahr 1299 als Gründungsjahr, die frühe Geschichte des Reichs geht auf den Bey Osman I. zurück, der Herrscher eines kleinen Landstrichs östlich der Stadt Bursa, die kurz darauf zur ersten Hauptstadt wurde. Über die Gründungszeit ranken sich viele und widersprüchliche Geschichten und Legenden, so dass Historiker*innen bis heute viel darüber spekulieren und diskutieren. Sicher ist, dass von Osman I. ausgehend eine Herrscherdynastie entstand, die im Geiste der Zeit Gebiete eroberte und dadurch Macht und Einfluss ausdehnte.

Etwa einhundert Jahre nach Beginn des Aufstiegs waren bereits weitere Gebiete erobert worden, so schlug die osmanische Armee unter Sultan Murad I. 1389 in der „Schlacht am Amselfeld“ im heutigen Kosovo die Fürsten Bosniens und Serbiens und eroberte Gebiete in Anatolien. 1453 führte die Eroberung Konstantinopels zum Untergang des Byzantinischen Reichs und zur Verbindung der europäischen und asiatischen Gebiete des Osmanischen Reichs.

Vielfalt im Osmanischen Reich

Mit den Eroberungen in vielen unterschiedlichen Gebieten wurde das Osmanische Reich zu einem Staat, in dem viele unterschiedliche Menschen lebten. Nicht nur Muslim*innen, sondern auch Christ*innen unterschiedlicher Konfessionen und auch Jüd*innen lebten im Reich. Strenggenommen war das Osmanische Reich der Nachfolger zum Römischen Reich und die anfangs auf nomadisches Leben ausgerichteten Turkstämme im Reich entwickelten unter griechischem, armenischem, arabischem aber auch jüdischem Vorbild eine eigene urbane und multi-ethnische Kultur.

In den ersten Jahrhunderten osmanischer Herrschaft waren Muslim*innen in der Minderheit. Im sog. Millet-System hatten religiöse Minderheiten weitgehende Autonomie und konnten viele Belange des Alltags nach eigenem Maßstab selbst bestimmen. Es kam jedoch vor allem unter dem Sultan Selim I. zu Verfolgungen und Ermordungen vor allem von Schiit*innen und Alevit*innen. Zum Ende des Reichs kam es während des Ersten Weltkriegs außerdem zum Völkermord an Armenier*innen durch osmanische Truppen und sogenannte Jungtürken, die dabei auch von Offizieren des Deutschen Reichs unterstützt wurden.

Kaffeekultur durch osmanische Lager nach Wien gebracht

Der Machtbereich des Osmanischen Reichs reichte kurzzeitig bis an die Stadtmauern Wiens. Zwei Mal wurden die Armeen des Osmanischen Reichs dort während Eroberungsversuchen zurückgeschlagen. Die heute berühmte Wiener Kaffeekultur lässt sich auf diese Zeit zurückführen, da die Osmanen in ihren Lagern Kaffee zurückließen und österreichische Truppen Geschmack daran fanden.

Ab dem 17. Jahrhundert kam ein entstehendes und expandierendes russisches Reich in die Sichtweite der auch als „Ottomanen“ bezeichneten Sultane. Dieses neue Reich wurde bis zum Niedergang des Osmanischen Reichs zu dessen ständigen Feind.

Der „kranke Mann vom Bosporus“

Im 19. Jahrhundert verlor das Osmanische Reich immer mehr Gebiete und stürzte in tiefe Krisen, es wurde in Deutschland als „Kranker Mann vom Bosporus“ bezeichnet und öffnete sich für französische und britische Investitionen, was zu einer großen Abhängigkeit führte. An der Seite Deutschlands kämpfte das Reich im Ersten Weltkrieg gegen England, Frankreich und Russland bis es endgültig besiegt und von den Siegermächten besetzt wurde. Der darauffolgende „türkische Befreiungskrieg“ brachte den Nachfolger ins Leben: die türkische Republik.

Über das Erbe, die Geschichte, Lügen und Wahrheiten rund um das Thema Osmanisches Reich wird heute viel gestritten und ganz unterschiedliche Akteure*innen versuchen fehlende Quellen, nicht eindeutige historische Aussagen oder Dramatisierungen für ganz eigene Zwecke zu benutzen und auszunutzen.

zurück