Jesus im Islam: Welche Bedeutung hat er für Muslime?

Jesus hat für ChristInnen und MuslimInnen unterschiedliche Bedeutungen. ChristInnen gilt er als Gottes Sohn und damit als Ursprung ihres Glaubens. Für MuslimInnen gehört er zu den wichtigsten Propheten des Korans, da er das Kommen Muhammads angekündigt habe. Im Unterschied zu Jüdinnen und Juden und ChristInnen wird im Koran zwischen dem Wirken eines einfachen Propheten (arab.: nabi) und dem eines Gesandten Gottes (arab.: rasul) unterschieden. Jesus wird als Gesandter Gottes bezeichnet, da er zusätzlich zu seinem prophetischen Wirken von Gott Offenbarungen erhalten hat, die zu dem Text des Evangeliums und somit zu einer im Islam anerkannten Buchreligion geführt hat.

Gott schuf Jesus durch sein Wort

Der Koran lässt keinen Zweifel an der besonderen Stellung des Propheten Jesus. Gott hat ihn durch sein Wort geschaffen:

Siehe, vor Gott gleicht Jesus Adam.
Aus Staub erschuf er ihn, dann sagte er zu ihm:
„Sei!“ Und dann war er.
(Sure 3:59)

Und Jesus ist ein Gesandter Gottes:

Er ist ein Gesandter (rasul) Gottes.
(Sure 5:75)

Jesus: Umstrittener Überbringer einer weiteren Offenbarungsschrift

Jesus gilt zudem wie Moses als Überbringer einer Offenbarungsschrift, dem Evangelium:

Mose brachten wir das Buch und ließen die Gesandten auf ihn folgen.
Und Jesus, Marias Sohn, brachten wir die Beweise
und stärkten ihn mit dem Heiligen Geist.
Doch jedes Mal, wenn ein Gesandter euch etwas überbrachte,
was ihr nicht mochtet, da wurdet ihr überheblich.
Dann nanntet ihr die einen Lügner,
die anderen aber habt ihr umgebracht.
(Sure 2:87)

Der Gesandte Jesus als Verkünder des reinen Islams und Vollbringer von Wundern

Nach islamischer Tradition verbreitete Jesus, durch den Heiligen Geist gestärkt, Gottes Botschaft, den reinen Islam, durch Worte und Wunder:

Damals, als Gott sprach: „Jesus, Marias Sohn!
Gedenke meiner Gnade, die ich dir und deiner Mutter erwies!
Damals, als ich dich stärkte mit dem Heiligen Geist,
auf dass du zu den Menschen sprechen solltest –
in der Wiege und als reifer Mann.
Damals, als ich dich lehrte –
das Buch, die Weisheit, die Thora und das Evangelium.
Und damals, als du aus Ton etwas schufst,
was die Gestalt von Vögeln hatte, mit meiner Erlaubnis,
es dann anbliesest, so dass es wirklich Vögel wurden, mit meiner Erlaubnis,
und Blinde heiltest und Aussätzige, mit meiner Erlaubnis,
es dann anbliesest, so dass es wirklich Vögel wurden, mit meiner Erlaubnis,
und damals, als du die Toten herausbrachtest, mit meiner Erlaubnis,
Damals, als ich die Kinder Israel von dir fernhielt,
als du mit den Beweisen zu ihnen kamst,
da sprachen die Ungläubigen unter ihnen:
„Das ist doch nichts als klarer Zauber!“
(Sure 5:110)

Der Prophet Muhammad wird vom Gesandten Jesus angekündigt

Jesus kündigte zudem „Ahmad“ als kommenden Propheten an, was für MuslimInnen ein deutlicher Hinweis auf den Propheten Muhammad ist. Zahlreiche Hadithe (Taten und Sprüche des Propheten Muhammad) unterstützen zudem den islamischen Glauben an Jesus‘ Rückkehr am Ende der Zeit als Richter:

Als Jesus, der Sohn Marias, sprach:
„Ihr Kinder Israel, siehe, ich bin von Gott zu euch entsandt,
um zu bestätigen, was vom Gesetz schon vor mir war,
und einen Gesandten anzukündigen, der nach mir kommt
und dessen Name Ahmad ist!“
(Sure 61:6)

Gott erhöht Jesus und setzt ihn als Richter ein

Damals, als Gott sprach:

„Jesus, siehe, ich will dich zu mir nehmen
und dich erhöhen
und dich von denen, die ungläubig sind, reinigen
und jene, die dir nachfolgen, über jene stellen, die ungläubig sind,
bis zum Tag der Auferstehung.
Dann ist zu mir eure Rückkehr.
Da will ich richten zwischen euch in dem, worin ihr uneins wart.
(Sure 3,55)

Starb der Prophet Jesus am Kreuz oder wurde er vorher von Gott zu sich genommen?

Die Deutungen von Jesus‘ Tod am Kreuz und seine Auferstehung sind zentrale Unterschiede zwischen Muslimen und dem christlichen Bekenntnis.

Quellen

Die Zitate aus dem Koran stammen aus der Übersetzung von Hartmut Bobzin: Der Koran, 2010.
Hüseyin İllker Çinar: Maria und Jesus im Islam. Wiesbaden 2007
Christine Schirrmacher: The Islamic View of Major Christian Teachings. Bonn 2008.
Christfried Böttrich u.a. (Hg.): Jesus und Maria in Judentum, Christentum und Islam. Göttingen 2009.
Martin Bauschke: Jesus im Koran. Köln u.a. 2001

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