Woran orientiert sich die Katholische Kirche im Dialog mit Muslimen?
Die katholische Kirche ist nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) in einen Dialog mit anderen Religionen eingetreten. Muslime werden heute als Gläubige anerkannt, die in einer wahren und heilsamen Beziehung zu einem allmächtigen und barmherzigen Gott stehen. Christen, Juden und Muslime beten demnach zu ein und demselben Gott, trotz ihrer Unterschiede im Gottesverständnis. Achtung des anderen Glaubens sollte nun den bisherigen Umgang der Verachtung ersetzen. Der Dialog bietet nach Ansicht der katholischen Kirche die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft wie auch die Möglichkeit, den eigenen christlichen Glauben neu zu entdecken und zu leben.
In vielen Begegnungen konzentrieren sich seitdem katholische Christen und Muslime in Deutschland auf die gemeinsamen Werte und ihren daraus resultierenden Auftrag in der Welt. Die katholische Kirche ruft z.B. zu einem „Dialog des Lebens“ auf.
Dialog des Lebens
In einem Grundlagenpapier von 1991 legt die katholische Kirche Ebenen und Ziele für einen christlich-islamischen Dialog fest. Sie ruft auf zu einem Dialog…
- …des Lebens: in offener und nachbarschaftlicher Atmosphäre, in der Freud und Leid, menschliche Probleme und Beschwernisse geteilt werden.
- …des Handelns: in einer gemeinsamen Zusammenarbeit für eine umfassende Entwicklung und Befreiung der Menschen.
- …des theologischen Austausches: in dem das jeweilige religiöse Verständnis vertieft und geschätzt wird.
- …der religiösen Erfahrung: in dem man den spirituellen Reichtum der jeweiligen eigenen traditionellen Wurzeln miteinander teilt.
Der gemeinsame Auftrag Gottes an Christen und Muslime ist: die Einheit und Liebe unter den Menschen und damit unter allen Völkern zu fördern, soziale Gerechtigkeit zu stärken und zu schützen und Frieden und Freiheit unter den Menschen zu verbreiten.
Schwierige Themen in der dialogischen Begegnung
Muslime und katholische Christen haben wichtige religiöse Gemeinsamkeiten im Glauben gefunden, wie zum Beispiel den Erhalt der Schöpfung und Verantwortung für soziale Gerechtigkeit. Aber es gibt auch schwerwiegende Unterschiede. Bislang fehlt z.B. eine offizielle Position der katholischen Kirche zur Bedeutung des Korans und des Propheten Muhammad. Jesus gilt zwar Muslimen als Prophet, aber nicht als menschgewordenes Wort Gottes. Der Tod von Jesus am Kreuz und der damit verbundene Erlösungsgedanke für die gesamte Menschheit widerspricht islamischer Lehrmeinungen. Auch die heute gültige Trinitätslehre der katholischen Kirchen wird von den meisten muslimischen Strömungen abgelehnt.
Quellen
Handbuch christlich-islamischer Dialog. Freiburg, Basel, Wien 2. Auflage 2016. Andreas Renz: Zugänge zum christlich-islamischen Dialog aus katholischer Perspektive. S. 17-23.
Andreas Renz, Stephan Leimbgruber: Christen und Muslime. Was sie verbindet – was sie unterscheidet. München 2009.
Christlich-islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle (CIBEDO) Hrg.: Die offiziellen Dokumente der katholischen Kirche mit dem Islam, zusammengestellt von Timo Güzelmansur. Regensburg 2009.